Die Kunst, Demokratie zu verteidigen
Im ersten Teil lag der Schwerpunkt auf den Neoliberalismus, dessen historischen Bezügen und Konjunkturen. Insbesondere sein geistig-mentaler Siegeszug ab den 1980er, wurde näher beleuchtet, weil er wesentlich für die Schwächung des Sozialstaates, der staatlichen Institutionen (Infrastruktur, Sicherheits-, Gesundheits-, Bildungs- und weiterer Bereiche) verantwortlich zeichnete und sich insgesamt ein entsolidarisierendes und individualisierendes Narrativ den Bann brach. Damit folgte eine Erosion der demokratischen Mitte und des liberalen Staatenkonstrukts, das heute mehr denn je in Gefahr steht, zu zerbrechen.
Im Teil 2 geht es um die Phase, die nach dem Zusammenbruch des „Ostblocks“ von weltpolitischen aber auch regionalen Umbrüchen geprägt war und wesentlich für die Durchsetzung bestimmter Ziele verantwortlich war.
Anschließend beleuchten wir die digitale Revolution, die sich mit der Etablierung und massenhaften Nutzung des Internets beschleunigt und unsere Art zu leben, zu arbeiten und zu denken maßgeblich verändert hat.
1.2. Vom „Gleichgewicht des Schreckens“ zum „Kampf der Kulturen“ und 9-11
Mit dem „Zusammenbruch des Ostblocks“ – 1989/90 begannen in der Folge mehrere Entwicklungen, die sich einerseits überlappten und andererseits nacheinander auftraten. War die Euphorie bei vielen groß, dass das hochgerüstete, totalitäre und gewaltbereite Sowjetreich in sich zusammenfiel, warnten viele andere vor den Folgen dieses Weltereignisses.
Der sogenannten „Kalte Krieg“ der unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg 1946, aus den ehemaligen Alliierten[1] grimmige Gegner machte, der über die Blockade von Berlin[2], den Aufstand in Ungarn[3], den Mauerbau 1961[4] und viele weitere, für die Weltgeschichte brandgefährliche Situationen (Kuba 1962), bis zur Atomhochrüstung der beiden Supermächte, führte.
Es war ein entsetzliches Szenario und eine angstvolle Phase der Geschichte, aber ein „Gleichgewicht des Schreckens“. Die jeweiligen Feindbilder konnten gepflegt werden und man konnte sich auf die Dualität verlassen. Durch den Besitz riesiger Atomwaffenarsenale auf beiden Seiten der Mauer, die die Erde einige Dutzendmal vernichten hätte können, entstand auch eine weltpolitische Patt Situation. Die aber auch ganz leicht eskalieren hätte können, wie etwa bei der Kuba Krise ersichtlich[5].
Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion – auf die vielfältigen Gründe des Zusammenbruchs kann hier nicht weiter eingegangen werden, dass würde den Rahmen des Artikels sprengen und zu weit wegführen – entstanden aber große Unsicherheiten, Angstreflexe und so manche Ideolog*, und Populist*innen spielten ihr Spiel.
Die einen phantasierten von Millionen von Auswanderern, die nach Westen ziehen würden und Schreckensszenarien aufbauten, die anderen hatten die Dollarzeichen in den Augen und warteten nur darauf, den „Osten“ zu kolonialisieren. Die dritten fürchteten Nachfolgekriege und bürgerkriegsähnliche Zustände in den Folgestaaten (GUS). Zahlreiche Kommentator* und Politiker*innen stachen jedoch hervor, die sich diverser Überlegenheitsgesten und Formeln bedienten und sich nicht verkneifen konnten, sich gegenüber den osteuropäischen ehemaligen Sowjetrepubliken und Satelittenstaatn als in allen Belangen überlegen zu positionieren.
Fukuyama und…
In dieser Phase machte Francis Fukuyama[6] (1989) mit einem Artikel von sich reden, der später 1992 mit dem Titel „The End of History and the last Man“ als Buch erschienen ist. In dem Beitrag vertrat er die These, dass nach dem Zusammenbruch der UdSSR sich bald die Prinzipien des Liberalismus in Form von Demokratie und Marktwirtschaft durchsetzen würden. Die Demokratie habe sich deshalb als Ordnungsmodell durchgesetzt, weil sie das menschliche Bedürfnis nach sozialer Anerkennung relativ gesehen besser befriedige, als alle anderen Systeme“[7].
Fukuyamas Thesen wurden breit diskutiert und auch kritisch kommentiert. Später revidierte er seine Prognose, vor allem hinsichtlich der Zeitdauer der Umsetzung und er gab zu, dass er die Bedingungen in der arabisch-muslimischen Welt zu wenig beachtet habe.
[1] Frankreich, Großbritannien, UdSSR, USA
[2] https://www.hdg.de/lemo/kapitel/nachkriegsjahre/doppelte-staatsgruendung/berlin-blockade-1948.html
[3] https://hdgoe.at/ungarische-revolution
[4] https://www.mdr.de/geschichte/ddr/mauer-grenze/fragen-berliner-mauer-100.html
[5] https://www.youtube.com/watch?v=92TdmKEJeaM
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Fukuyama
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Ende_der_Geschichte
… Huntington
Im Buch „Clash of Civilizations“[8] von Samuel Huntington[9], das erst 1996 erschienen ist, jedoch auf einen gleichnamigen Artikel zurückzuführen ist, der 1993 in der Zeitschrift „foreign affairs“ erschien, breitete Huntington folgende Thesen aus. Nach dem Ende des „Kalten Krieges“ würde die Welt multipolar und multikulturell werden. Es wären nicht mehr die Ideologien maßgeblich, sondern die Kulturen bzw. Kulturräume. Die Dominanz des Westens würde in Frage gestellt werden und andere Kulturkreise würden die Vormachtstellung streitig machen.
Huntington kreierte eine ausgesprochen konfliktorientierte Zukunft, in der der Kampf um Vormachtstellungen, und um militärische Kräfte und Ressourcen, sowie Forschung und Technologie eine zentrale Bedeutung erlangen würden. Huntingtons Thesen baiseren auf insgesamt 9 konstruierten Kulturkreisen, die sich bei näherer Betrachtung als recht fadenscheinig und willkürlich erwiesen. Einer näheren wissenschaftlichen Beurteilung als Taxionomie hielten sie nicht stand.
Auch wenn er in der wissenschaftlichen Welt hoch angesehen und namhafte Positionen einnahm, so muss man mit in Betracht ziehen, dass Huntington aus dem Umfeld des US-amerikanischen Militärs kam und politikwissenschaftliche Studien unter dem Einfluss von strategischen Fragestellungen schrieb, die stark von militärischen Interessen und US-Positionen beeinflusst waren.
Wenngleich einiges von Huntingtons umstrittene Thesen 20 Jahre und später eingetroffen sind – wie etwa die zunehmende multipolare Welt und die immer stärker werdenden identitäre und religiöse Einflüsse – so muss gleichzeitig in Betracht gezogen werden, dass gerade diese Entwicklungen sich durch Huntingtons Thesen erst ausbreiten konnten und dadurch sozusagen wissenschaftliche Bestätigung und Legitimität fanden.
Kaum ein Wissenschaftler wurde in den 1990ern derartige global forciert und rezipiert wie Huntington. Die wissenschaftliche Expertise rechtfertigte diese keinesfalls. Er war so gesehen ideologisches Liebkind der militärisch und machtorientierten Außenpolitiker dies- und jenseits des Atlantiks[10]. Es stellt sich daher eher die Frage, ob nicht Huntington die Richtung vorgab, die von bestimmten Lobbys erwünscht worden ist und sich danach zur selbsterfüllenden Prophezeiung entwickelte.
Mit 9-11 – dem Anschlag, durchgeführt von der radikalislamistischen Terrorgruppe Al Qaida[11] – erfolgte eine Renaissance des „Kampfes der Kulturen“ und Huntington schien recht zu behalten. Auch weil sowohl der Slogan als auch die Analyse der Jahre nach 9-11 eher ideologisch konnotiert war, denn tatsächlich faktenorientiert.
So verliefen ja die großen Konfliktlinien nicht allein entlang der „Kulturkreise“, die Huntington prophezeit hatte, sondern vielmehr auch innerhalb der Huntington´schen Kulturkreise (Sunniten gegen Schiiten, Religiöse gegen Säkulare, Demokraten gegen Faschisten etc.)[12].
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Kampf_der_Kulturen
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Samuel_P._Huntington
[10] https://www.deutschlandfunkkultur.de/kampf-der-kulturen-samuel-huntington-thesen-kritik-100.html
[11] https://www.kas.de/de/web/extremismus/islamismus/al-qaida
[12] Über den Begriff und die Verwendung/ bzw. Missbrauches dieses Begriffes sei auf den Beitrag verwiesen, der die näheren Umstände erläutert: https://gulis.at/schreiben/das-kreuz-mit-der-kultur/
Kultur als Rucksack
Was in der gesamten Debatte deutlich geworden ist, war, dass Kultur als „Containerbegriff“[13] vielfältig und unterschiedlich eingesetzt werden kann; damit aber auch gerne dem Missbrauch anheimfiel. In vielen Varianten wird Kultur als sehr vereinfachtes Konzept präsentiert, das geographische, sprachliche, religiöse oder nationalstaatliche Aspekte hervorhebt und vereinheitlicht. Daraus entstehen eben Nationalkulturen. Unterschiede und Verschiedenheiten und kulturelle Ausdrucksweise im Inneren der Definition von Kultur werden damit eingeebnet.
Ebenso wird Kultur – gerade in der Migrationsdebatte – gerne als „Rucksack“ angesehen. Die Zugewanderten würden ihn auf dem Rücken tragen, ihn mitbringen und legten ihn nie mehr ab. Je konservativer und rechtsorientierter die Gedankenwelt war, desto stärker wurde daraus eine „Unvereinbarkeit“ mit der hier herrschenden Kultur konstruiert. Die leidige „Leitkulturdebatten“ die immer wieder auftaucht und jüngst in Österreich wieder von der ÖVP forciert wurde, fußt genau auf dieser Erzählung von und über Kultur[14].
Diese Debatte, die bereits über Jahrzehnte geführt wird bzw. immer wieder angestrengt wird, hat wesentlich zu einer Polarisierung innerhalb der Gesellschaften geführt. Die damit in Verbindung stehenden Erzählungen wurden stark von (Trash-, und Gratiszeitungs-) Boulevard und rechtsextremen Gruppierungen und Zeitschriften befördert und dynamisierte/radikalisierte sich im Zuge der öffentlichen Debatten.
Die öffentlichen Debatten über Integration, Kultur und Zugehörigkeit/Identität haben sich verabsolutiert und die Möglichkeiten des Sagbaren wurden ständig verschoben und problematische (etwa aus der NS-Zeit) oder neutrale, wissenschaftliche Begriffe[15] wurden umgedeutet und ganz im Sinne dieser – meist auch – antimuslimischen, migrationsfeindlichen Kampfideologie neuinterpretiert.
In diese Entwicklung lässt sich auch die Asyl- und Migrationsdebatte einordnen, die sich in den letzten Jahrzehnten zu einer militärischen Sicherheits- und Abschottungsdebatte entwickelt hat, die von kontrolliertem und gezieltem Angstschüren und Aufbauschen und Übertreiben geprägt ist.
Alle Reformen und Gesetzesinitiativen, nationalstaatlich aber vor allem auch auf EU-Ebene, handeln von Verschärfungen, Abschreckungen und der Militarisierung von Grenzschutz und EU-Außengrenzschutz[16].
Wichtige migrationspolitische Vorhaben, Grund- und Menschenrechte stehen kaum zur Diskussion, bzw. werden nur als Plattitüden bei öffentlich Anlässen vorgeschoben. Es geht schlichtweg um Abschreckung. Diese Feindbildspirale und Angstmache ist Wasser auf den Mühlen von Rechtspopulist- und -extremist*innen, die seit Anfang der 1990er zunehmend die Hegemonie über die Migrations- und Asyldebatte erlangt haben. Nahezu alle Parteien, aber auch die EU Kommission sind mehr oder weniger auf diese Positionen eingeschwenkt und betreiben die Abschreckung und Militarisierung des Themas voran.
Diese Entwicklung schürt einerseits Sorgen und Ängste bei den Bürger*innen, andererseits wird damit ständig weiter Stimmung gemacht und diese Ängste befeuert und bis zur Paranoia hochgepusht. Andererseits seit Jahren anstehende – real bestehende Probleme – nicht gelöst. Innerhalb der Länder wird aber auch diese Stimmung seit Jahrzehnten gegen jene vorangetrieben, die sich dieses rechten Mainstream und Narrativen und maßlosen Übertreibungen entgegenstellen und eine andere Innen- und Migrationspolitik einfordern[17].
1.3. Das Internet
Wir, die wir mitten im Sturm leben, sehen gar nicht, wie groß und schnell die Veränderungen, die mit der Digitalisierung einhergingen, waren und sind. Die Entwicklung des Netzes, der Plattformen, des Austausches und der Möglichkeiten, die damit verbunden waren und sind, gingen rasend schnell voran. Noch Anfang der 1980er gab es in vielen Büros nur wenige Computer. Netzwerke, die es ermöglichten Mails zu schreiben, wurden erst in den 1990er üblich. Seitdem ging es rasant mit technischen Neuerungen. Denken Sie nur an das Fax[18], das in den 1960er in Verwendung kam und in den 1980er für den Büroalltag eine fast revolutionäre Erfindung darstellte, in wenigen Jahren jedoch von anderen Technologien abgelöst wurde[19]. Ein anderes Beispiel, Facebook, die mittlerweile für die Generation Z total veraltete Austauschplattform, ist gerade mal 20 Jahre alt.
Netzwerke wie Myspace oder Yahoo waren Big Player und hatten tausende Beschäftigte und verschwanden fast so schnell wieder, wie sie gekommen waren. Auf die Verheißungen und der Goldgräberstimmung des Internets folgte ein veritabler Kater. Die Entwicklung überrollte die Einzelnen, ebenso wie die staatlichen Einrichtungen und die Politik. Es fehlte und fehlt noch immer an juristischen und gesetzlichen Instrumentarien, die den unterschiedlichen Auswüchsen des Netzes Einhalt gebieten könnten.
[13] https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783839437315-001/html?lang=de
[14] https://www.bundeskanzleramt.gv.at/bundeskanzleramt/nachrichten-der-bundesregierung/2024/07/raab-praesentiert-massnahmen-der-wertevermittlung-und-erste-ergebnisse-des-leitkulturprozesses.html
[15] https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/glossar-migration-integration/270628/rueckwanderung/
[16] Siehe auch eingehender Analyse der Frontex Grenzschutzagentur, https://gulis.at/schreiben/spiel-mit-dem-leben-anderer-teil-1-kapitel-5/
[17] Gerade in Österreich ist die Zivilgesellschaft immer wieder bei größeren Flüchtlingsbewegungen an erster Stelle zu nennen, wie etwa bei den Kriegen in Jugoslawien, Syrien und Ukraine, die mit ihrem Engagement maßgeblich an der Bewältigung der Flüchtlingskrisen Anteil hatten. Siehe auch https://gulis.at/schreiben/spiel-mit-dem-leben-anderer-teil-1-kapitel-7/
[18] https://de.wikipedia.org/wiki/Fax
[19]https://www.egovernment.de/schluss-mit-faxen-bundestag-stellt-geraete-ab-a-a70875efb696a25b84c8141bff85b70f/
Um es kurz zu machen, im Folgenden seien die wichtigsten Mankos genannt, an der die öffentliche politische Kommunikation, die mittlerweile fast ausschließlich digital geführt wird, leiden.
- Das weite Netz wird beherrscht von multinationalen Konzernen, die sich im Privatbesitz befinden. Deren nahezu einziger Beweggrund ist, salopp gesagt: Kohle zu machen, viel Kohle zu machen. Dahinter stecken gigantische Werbemöglichkeiten einerseits und andererseits wurde uns als User*innen erst langsam bewusst, was für eine Ressource und Goldmine Daten geworden sind. Daher sind Algorithmen, die dahinter die technische Abwicklung der Plattformen liefern, ein wichtiges Gut geworden. Sie ermöglichen den Konzernen die Richtung der Aktivitäten zu steuern und die Verweildauer der User*innen auf den Plattformen gezielt zu verlängern.
- Viele der Plattformen werden verdächtigt, insgeheim mit staatlichen Stellen, zu kooperieren, einerseits mit den Geheimdiensten und Militärs, andererseits besteht der dringende Verdacht, sie stünden unter Kuratel von Despotien (Russland, China)
- Netze und Plattformen, die praktisch jede/r von uns benützt, sind keine staatlichen Güter (grundlegende Infrastruktur), sondern unterliegen dem Markt und den Konzernen, die transnational agieren, was sowohl eine Reihe von finanziellen Fragen (Steuern, Werbeabgaben) als auch juristische Probleme (Löschung von inkriminierten Postings, Verantwortlichkeit) aufwirft. Einzelpersonen und unabhängige NGO´s ist es mitunter zu verdanken, dass Machenschaften, gravierende Verstöße und kriminelle Vorkommnisse aufgedeckt werden konnten.
- Die technischen Entwicklungen sind so rasch vorangeschritten, dass das Agieren im Netz keinen oder nur schwachen Regulierungen unterworfen ist. Damit zusammenhängend ist wichtig, dass die Plattformen keine „Medien“ sind, sondern lediglich Austauschplattformen. Wären sie dies, dann würden sie bestimmten Regeln des Journalismus unterworfen sein und dass würde eine Reihe von Kontrollmechanismen bedürfen.
- Die Plattformen und deren Algorithmen sind darauf programmiert „Traffic“ – Verkehr – zu erzeugen. Dies funktioniert am besten durch Vereinfachung, Emotionalisierung, Trivialisierung und Skandalisierung[20].
- Erst langsam, in einem jahrelangen Prozess der Auseinandersetzung und Kritik, konnten staatliche Regelungen eingeführt werden. Nach wie vor fehlt es aber an weltweiten staatlichen Kontrollen, Regulierungen und Sanktionsmöglichkeiten. Abgesehen davon sind die dazu notwendigen Maßnahmen alles andere als einfach und grundrechtlich widerspruchslos[21].
- Die prinzipielle Neuerung der „sozialen Medien“, – das jede/r daran teilhaben und mitmachen kann – im Gegensatz zu den traditionellen Medien, die eher eingeschränkten Austausch zuliessen, hat zu einer völligen Überladung von Informationen des Netzes geführt, in der die normale/n User/innen den Überblick über wahr und falsch, seriöse und unseriöse Quellen, relevant und irrelevant verloren hat.
- Diesen Umstand des vermeintlich „freien“ Netzes haben sich alle nur erdenklichen Gruppen, Parteien, Organisationen und Geschäftemacher*innen zu Nutze gemacht, was zu einer Überflutung des Netzes an Falschmeldungen, politischer Propaganda, Hass, Lügen, Gewalt, Misogynie und Pornographie geführt hat. So ist auch der Eindruck entstanden, das alles gleich wichtig wäre.
- Die Zeit spielt im Netz eine wichtige Rolle. Es passiert alles in Echtzeit. Die Reaktionszeiten sind extrem niedrig. Im Netz werden, wie im Schneeballsystem, rasend schnell Informationen abgesetzt, die nicht auf Wahrheitsgehalt überprüft werden. Nicht umsonst ist die Zahl der Verbreitung von Falschmeldungen endemisch. Grundregeln von journalistischem Arbeiten sind damit außer Kraft gesetzt, wären aber dringend notwendig (Recherche, Sorgfaltspflicht, Doublecheck usw.)
- Rechtsextreme, populistische Strömungen und antidemokratische Gruppierungen haben besser verstanden, sich diese Umstände zu nutzen, als demokratische Einrichtungen, Organisationen und Parteien. Die Trivialisierung und Emotionalisierung kommt extremen Parolen zu Gute; wenn etwa Jugendliche sich extremen Religionsauslegungen anschließen, weil sie ganz leicht zu Predigen und Aufrufen und Appellen im Netz kommen.
- Das Netz als Hauptinformationsquelle wird von Jahr zu Jahr immer wichtiger. Da es keinerlei Ordnung und Einordnung der Meldungen, die junge Menschen lesen kommt und Verbote derzeit nicht durchsetzbar sind, werden Werte und Positionen von demokratischen Handeln leicht ausgehebelt und der Radikalisierung der Boden bereitet. Bewusste Beeinflussung durch Trollfabriken und Fake News Produzenten etwa aus Russland oder China, aber auch aus dem moslemischen Raum und den USA, die insbesondere bei der Herstellung von rechtsradikalen und neonazistischen Inhalten aktiv sind, tun ihr Übriges dazu[22].
[20] https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/18878367/wie-eine-grazer-forscherin-nach-dem-besseren-facebook-sucht
[21] https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/18778596/so-eine-loesung-ist-ein-wunschdenken
[22] Siehe als Beispiel: https://www.derstandard.at/story/3000000237148/datenleck-belegt-millionenfache-einflussnahme-russischer-internettrolle?fbclid=IwY2xjawFfbppleHRuA2FlbQIxMQABHY506sulmXjeU0f2k627hykR-IRcD08oI6G15THWy98miWAPcP5Cb0oeWQ_aem_LnsBWXT7s0T3UUIHqJuLzw