Jetzt geht es so richtig rasch

Wenn das Tempo des Innenministeriums beibehalten wird, dann sind in wenigen Wochen, alle anstehenden Probleme, die es vermeintlich oder offensichtlich gibt, im Bereich der Asyl- und Migrationsthemen gelöst. Das Reformtempo nähert sich der Nichtmehrsichtbarkeitsmarke und überholt sich bald selbst. Vorsicht, ein nicht immer ernst gemeinter Beitrag!

Eines muss man ihnen lassen, den werten Innenministern und -Innen; sie können öffentliches Aufsehen erregen; wenn sie etwa Großes ankündigen, weil sie z.B. eine kleine Idee zum Thema Integration hatten. Eine Zeitungsmeldung im Jänner 2011 machte stutzig und man konnte sich des Gefühls nicht erwehren… aber erzählen wir die Episode von Anfang an.

Anfang 2008 erfand der damaligen BM Günther Platter (ÖVP) die Integrationsplattform. Sein ambitioniertes Ziel war, ganz Österreich mit dem Thema der Integration zu überziehen; „Österreich integriert“ und das war nicht mathematisch gemeint. Es folgte eine Sammlung von ExpertInnenbeiträgen, ein Symposium und sogar eine Wanderausstellung „Integration on tour“ wurde auf die Reise geschickt. Das alles mit ziemlich viel Pomp und Trara angekündigt. Die Umsetzung war schon viel leiser, genauer betrachtet – abgesehen  von wenigen Insidern – kaum mehr wahrgenommen. Die Integrationstour etwa geriet – ohne zu übertreiben – zu einem Reinfall und wurde glücklicherweise eingemottet.

Dann folgte Maria Fekter (ÖVP). Sie griff Platters Ideen auf und ließ einen NAPI erstellen, einen Nationalen Aktionsplan Integration. Dazu tagten schließlich ein gutes Jahr lang ExpertInnen sowie VertreterInnen der Länder, von Institutionen und Hilfsorganisationen. Die Geburt des NAPI geriet in der Öffentlichkeit etwas schräg, wurde er doch von der Frau BMin im Dezember 2009 ordentlich gerupft – sprich auf eine Pressemeldung verkürzt –präsentiert. Damit wurde ihm gleich zu Beginn Missbrauch angetan, das umfangreichen Konvolut mit den zahlreichen Forderungen und Vorschlägen war nicht so schlecht, aber gegen die herrschende Politik und die österreichischen Boulevardmedien kann sich so ein „kleiner NAPI“ eben nicht erwehren. Übrig geblieben ist die Verpflichtung der Neuzugewanderten zum Deutschlernen; für diese Aussage hätte man allerdings nicht ein Jahr tagen müssen.  Da hätte das Abschreiben einer FPÖ Presseaussendung genügt.

Jetzt war zwar der NAPI da, aber sonst hörte man nichts mehr. Geld war auch keines vorgesehen, aber was sollte man denn dann tun? Im Juni 2010, also ein halbes Jahr später, ließ die Frau BMin mit der Ankündigung aufhorchen, dass sich ein Expertenrat gegründet habe, unter dem Vorsitz von Dr. Heinz Fassmann. Wer aber nun glaubte, jetzt ginge es richtig los, täuschte sich. Wieder passierte erstmal gar nix.

Also kam das neue Jahr und eine neue Ankündigung folgte. Der Expertenrat beginne mit seiner Arbeit. Mehr als ein halbes Jahr nach Gründung und mehr als ein Jahr nach Abschluss des NAPIs kündigt der Expertenrat an, jetzt aber endlich wirklich richtig arbeiten zu beginnen! Und Fassmann stellte auch gleich klar, es gäbe keine Wunderformel für Integration. Wäre das zu sagen, nicht in kürzerer Zeit auch gegangen?

Damit sind wir am Ende der Episode. Wenn das so weiter geht, dann können wir schon gespannt sein, wann die nächste Ankündigung kommt (der 15. Juni 2011, anlässlich des internationalen Tages des Flüchtlings, böte sich da an, so wie letztes Jahr). Inhaltlich stelle ich mir vor, dass der Expertenrat bekannt gibt, dass man sich umfassend mit der Materie beschäftigt habe und zum Schluss gekommen sei, dass man unbedingt noch mehr Studien zum Thema brauche, um abschließend was genaueres sagen zu können.

Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen, ich bin sehr für faktenorientiertes Arbeiten, für Analysen, Grundlagen und Datenbasierung. Wenn aber, wie im Bereich der Migrations- und Zuwanderungsthematik, seit vielen Jahren die augenscheinlichsten Dinge nicht passieren und immer die gleichen Stehsätze der Politik in der Öffentlichkeit abgesondert werden, dann liegt es nicht an den Grundlagen – dafür hat man mittlerweile vierzig Jahre und mehr Zeit gehabt – sondern am politischen Willen und der lässt sich wissenschaftlich nicht argumentieren.

Man möchte den geschätzten, vom Innenministerium anerkannten ExpertInnen zurufen: Hey, beginnt einfach mit der Arbeit und macht Druck, dass das umgesetzt wird, was eh schon hinlänglich bekannt ist, dass es daran hapert und lasst euch nicht einkaufen und für irgendwelche Hinhaltespielchen missbrauchen. Aber das wiederum wird öffentlich nicht verbreitet, also hört es auch niemand.

Wolfgang Gulis